Heute ist mir nach Sonne. Viel zu früh aufgewacht, dafür Zeit. Zeit für Kaffee, Zeit für Zigaretten draussen, Zeit für sitzen auf dem Balkon. Frische Luft, ein ruhiger Kopf und eben: Sonne. Der Blick in den Spiegel fällt mir leicht. Ich mag, was ich sehe. Das ist selten. Das kleine Bad riecht nach Orangenjoghurt, neues Shampoo, ganz okay eigentlich. Warmes Wasser, weiche Haut, flauschige Handtücher. Bisschen Make-Up, viel brauchts heute nicht. Mein Gesicht ist mein Gesicht. So sehe ich eben aus. Ich fühle… Frieden. Bin versöhnt mit mir selbst, mit meinem Körper, ja sogar mit meiner Haut, die naja, halt meine Haut ist. «Ach», denke ich mir, «deine Augen glänzen so, auf die roten Flecken achtet da niemand.» Ja, da achtet niemand drauf. Heute nicht.
Musik in den Ohren und Liebe im Herzen. Da ist keine Angst, keine Trauer, nur Frieden. Und Indie-Rock! Die alte Frau ist still heute. Hält ihr Gesicht in die Sonne. Gut so! Soll sie sich entspannen, auch was von der Wärme abbekommen. Es fühlt sich an, als könnte ich wieder atmen. Als hätte ich mehrere Tage unter Wasser verbracht und wäre jetzt, endlich, endlich aufgetaucht. Nasse Haare, kalte Haut aber: Sauerstoff. Atmen, lächeln, leben.
Heute will ich alles. Autofahren mit offenen Fenstern und lauter Musik. Schokolade und Wein und Sex und Spazierengehen. Jemanden besuchen. Oder mich besuchen lassen? Kochen. Und essen! Ja, essen! Sushi oder Pasta oder Burger. Im Bett liegen und reden, witzige Filme schauen. Händchenhalten und Kuscheln. Wie eine Verrückte durch die Wohnung tanzen und headbangen. Ausgehen. Reden. Und zuhören. Einfach alles. Dinge tun, die ich nicht kann, wenn ich unter Wasser bin. Ein ganzes Leben nachholen in einem Tag.
Könnte es doch nur immer so sein. Aber es kann schon nächste Woche… Nein! Nicht dran denken, nur geniessen. Und hoffen, dass Momente wie diese schnell wiederkommen. Und bleiben.