Wie man sich bettet, ach, ihr wisst schon…

Wie man sich bettet, ach, ihr wisst schon…

Mein Bett ist mal kaputt gegangen. Ein wirklich guter Typ hat es damals repariert. Er gab sich Mühe. Hat die Holzstützen ganz genau zugeschnitten und schwarz bemalt. Soll ja alles zusammenpassen. Im Reparieren war er gut. Leider nicht gut genug. Ja, ihr ahnt es schon, mich vermochte er nicht zu flicken. (Nein, da steht flicken. Mit «l».)

Es ist nicht so, als hätte er es nicht versucht. Er gab alles wirklich, er gab viel zu viel. Als er merkte, dass es nicht funktioniert, dass wir nicht funktionieren, ergriff er die Flucht. Und ich habe mich verhalten wie diese Frauen, zu denen ich nie gehören wollte. Spamte ihn zu, rief mehrmals an. Er hob jedes Mal ab. Der Gute! Ich sagte Dinge wie «ich bin nicht verzweifelt, aber lass es uns doch nochmal versuchen». Doch retten konnte er die Beziehung nicht. Und mich auch nicht. Und ich ihn irgendwie auch nicht. Denn er hatte auch was, ich spürte es. Was genau es war, habe ich nicht erfahren.

Ich war lange wütend auf ihn. Besonders, als er mich nach der Trennung zum Kaffee einlud. Ich schrieb ihm, dass ich nicht kann, weil ich in der Psychiatrie bin. Es kam sowas wie «Darfst du nicht raus?» zurück. Ich wurde wütend, dachte, er mache sich darüber lustig. So im Sinn von «Haha, bist du auf der Geschlossenen oder was?! SO verrückt bist du also?» Dementsprechend antwortete ich ihm. Passiv-aggressiv. Das kannte er schon. Dann war er wütend. Der Rest ist Geschichte.

«Cant’t be saved.» Jaja. Ich weiss.

Ich trauere ihm nicht mehr hinterher. Das habe ich lange, zugegeben, aber wir hätten einander kaputt gemacht. Ich bin mir sicher, dass die Sache hässlich geworden wäre. Und doch bin ich ihm dankbar. Ich traf ihn zu einer Zeit, in der ich mich schlecht fühlte. Und er erlaubte es. Bei ihm durfte ich so sein, wie es in mir aussah. Kein «Ja, es geht mir sehr gut», an tiefschwarzen Tagen. Kein aufgesetztes Lächeln. Nur viel Kaffee, Emo-Songs, Polaroids (Grr, ich weiss), Nuttenzigis und leise Gespräche in der Nacht. Er sog meinen Hass auf und ertrank irgendwie darin. Es war die erste Beziehung, in der ich mehr nahm, als gab. Da war der Fehler. Er ging, um sich selbst zu schützen. Er musste.

Aber da ist noch immer dieses Bett, das uns beide repräsentiert. Der Schaden, der zwar oberflächlich geflickt wurde, den man aber nicht rückgängig machen kann. Das Bett wird nie mehr ganz sein. Es quietscht mehr, würde man es auf Ricardo verkaufen, müsste man sowas wie «leichte Gebrauchsspuren» oder «Für Bastler» drunter schreiben. Vielleicht muss er das seit mir auf seinem Dating-Profil auch tun. «27, sehr intelligent, lieb, sportlich, witzig. Leichte Gebrauchsspuren.» Keine Ahnung, ob er online datet. Oder ob er überhaupt kaputt ist. Vielleicht hat er die Sache problemlos verkraftet. An guten Tagen sag ich mir das. «Es ist über drei Jahre her, mir geht es gut, ihm sicherlich auch. Ich war nur ein Snack, kein ganzes Menü.» An schlechten Tagen hasse ich mich für den Schaden, den ich angerichtet habe. Den Gedanken, dass ich ihn nachhaltig verletzt, unbrauchbar gemacht haben könnte, ertrage ich nicht.

Natürlich habe ich mich entschuldigt. Das habe ich post-psychiatrisch bei allen getan, die unter mir und der Krankheit gelitten haben. Nur ist «Sorry, ich war scheisse zu dir, aber ich hatte halt Depressionen, haha», eben keine Entschuldigung.

Das Einzige, was ich jetzt noch tun kann, ist, unsere gemeinsame Zeit in Ehren zu halten. Und das werde ich. Er würde sich freuen, wenn er wüsste, dass ich wieder schreibe. Er war mein erster Freund, der meine Texte las, ohne, dass ich ihn darum bitten musste. Von ihm habe ich gelernt, dass ich liebenswert bin. Und er hat mein Bett repariert. Ich schlafe oft sehr gut darin.